95 Thesen zu #TheaterimNetz

von Anne Aschenbrenner und Marc Lippuner //

95 Thesen haben wir an zwei Tagen mit unserer Behauptungsmaschine anlässlich der Konferenz Theater-&-Netz an die #tn17-Twitterwall geschlagen. Diese Behauptungsmaschine war nicht, wie vielfach vermutet, vorprogrammiert, sondern entstand während der beiden Tage vor Ort und griff auch Aspekte aus den Panels, den Workshops und den Pausengesprächen auf. In zehnminütiger Taktung haben wir Thesen rund um unser Schwerpunktthema #theaterimnetz getwittert: illusorisch, provokant, realisierbar, unterhaltsam, utopisch, wahrhaftig, wünschenswert und/oder zynisch – in jedem Fall diskussionswürdig. kulturimweb.net hat es so zusammengefasst:

Wahr oder falsch? Viele Behauptungen, viel „als ob“, und damit viel von einer Kulturtechnik, die im Theater zu Hause ist. Eine alte Kulturtechnik oder Fake News?

Hier haben wir unsere 95 Thesen zu #theaterimnetz noch einmal zur Nachlese zusammengestellt.

These 1
Dieses Theater wird sich im Internet nicht durchsetzen.

1

These 2
VR wird das Theater ablösen.

These 3
Theater als Diskursort erlebt seine Renaissance.

These 4
Bewertungen bei stückadvisor erleichtern die Entscheidung, die Vorstellung zu besuchen.

These 5
Theatertickets können bei Amazon erworben werden.

These 6
Theater funktioniert auch ohne 3D-Brille.

These 7
Der Theaterbesucher erhält auf ihn zugeschnittene Stückempfehlungen auf sein Smartphone.

These 8
Die Programmierung des Spielplans erfolgt über Hootsuite.

These 9
Crowdfunding für Theater funktioniert nicht. 

These 10
Vor jeder Vorstellung wird ein Werbespot gespielt.

These 11
Alle 11 Minuten verliebt sich ein Theatermensch in Twitter.

These 12
Mobiltelefone müssen während der Vorstellung eingeschaltet bleiben.

These 13
Bei Schlüsselszenen erhalten Sie eine Push-Benachrichtigung auf Ihr Handy.

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These 14
Fashion-Blogger ersetzen den Beruf des Kostümbildners.

These 15
Ein Bloggercafé wird zum elementaren Bestandteil jeder Theatergastronomie.

These 16
Unter jedem Theatersitz befindet sich eine Steckdose.

These 17
Ein Monolog sollte die Zeichenanzahl von 140 nicht überschreiten. 

These 18
Per Online-Voting können Sie über den Spielplan abstimmen.

These 19
Alle zwei Sekunden stirbt irgendwo auf der Welt ein Theaterabonnent.

These 20
Theater-Tinder bringt mobile Produktionen ins Schlafzimmer – bei gegenseitigem Gefallen ist die Performance gratis.

These 21
Diese Inszenierung wird durch Produktplatzierungen finanziert.

These 22
Trojaner hacken sich in Theatersäle und stören die Vorstellung.

These 23
Ein Theaterbesuch deckt den Tagesbedarf an sozialen Kontakten.

These 24
Theaterflix – das Abo-Modell der Zukunft. 1 geht ins Theater, bis zu 4 schauen gratis übers Smartphone mit.

These 25
Jedes Theater hat eine Social-Media-Strategie.

These 26
Der Wahl-O-Mat ist Ihnen bei der Stückauswahl behilflich.

These 27
Jedes Theater beschäftigt einen Programmierer.

These 28
Theaterstücke werden über Algorithmen generiert.

These 29
Ihr Theater verwendet Cookies.

These 30
Der Schauspieler mit den wenigsten Likes fliegt am Spielzeitende aus dem Ensemble.

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These 31
Ein Whatsapp-Service informiert über Restkarten.

These 32
Mit Theater Prime sehen Sie das Stück ohne Werbeunterbrechung.

These 33
Die Schauspieler schminken sich anhand von YouTube-Tutorials selbst.

These 34
Schlussapplaus-Fotos auf Instagram kosten Follower.

These 35
Die Theater-App ersetzt das Ticket-Büro.

These 36
Blogger sind die Zukunft der Theaterkritik.

These 37
Es gibt Fördertöpfe für Projekte mit VR.

These 38
Theaterprojekte werden in China produziert.

These 39
Bei Abschluss eines 2-Jahres-Abos in Ihrem Theater erhalten Sie ein iPhone8 für nur 1€ (auch in silber).

These 40
Pausengetränke-Vorbestellung jetzt auch als In-App-Kauf möglich.

These 41
Es gibt 4 große Social-Media-Plattformen: Facebook, Twitter, Instagram und Theater.

These 42
Die Vorstellung muss aufgrund von Serverproblemen leider analog stattfinden.

These 43
Die Seite von nachtkritik.de ist responsive.

These 44
Beim Kauf eines Programmheftes erhalten Sie Ihre Lieblingsarie als Klingelton auf Ihr Handy.

These 45
VR hat Theater mehr nötig als umgekehrt.

These 46
Die Firewall ist der Eiserne Vorhang 2.0.

These 47
Bianca „Bibi“ Heinicke überzeugt als neue Buhlschaft.

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These 48
Die Höhe der Subventionen für Stadt- und Staatstheatern orientiert sich an deren organischer Reichweite auf Facebook.

These 49
Dramaturgen werden durch animierte Chatbots ersetzt.

These 50
Das Programmheft steht nach dem Theaterbesuch als eBook kostenlos zur Verfügung.

These 51
Mitarbeiter von Theatern nehmen regelmäßig an Social-Media-Stammtischen teil.

These 52
Theaterhäuser organisieren regelmäßig Social-Media-Stammtische.

These 53
Social-Media-Events sind an Theaterhäusern selbstverständlich.

These 54
Erst wenn der letzte Nutzer von Google+ sich abgemeldet hat, entdecken die Theater diese Plattform.

These 55
Jährlich sterben mehr Menschen beim Machen von Theaterselfies aus dem Oberrang als bei Hai-Attacken.

These 56
Die Zahl der Digital Natives im Zuschauerraum wird sich in den kommenden Jahren drastisch erhöhen.

These 57
Theatermacher kaufen XING und machen was richtig Geiles draus.

These 58
Je größer das Theater, desto kleiner der Social-Media-Praktikant.

These 59
Die Off-Szene war zuletzt gestern um 23:14 Uhr online.

These 60
Pressekonferenzen für Blogger finden abends statt.

These 61
Das Burgtheater erfindet das Innovation Lab.

These 62
Claus Peymann kauft sich einen Snapchat-Account und geht damit twittern.

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These 63
Foodblogger stürmen Theaterkantinen und teilen ihr Essen.

These 64
Catcontent ist auch im Spielplan keine Lösung.

These 65
Das Gesundheitsministerium verbietet drahtlose Telekommunikation auf der Bühne.

These 66
Alle Theater entwickeln Social-Media-Guidelines für ihre Mitarbeiter.

These 67
Die Instagram-Ästhetik erobert den Bühnenraum – der Guckkasten wird quadratisch.

These 68
Blogger sind Türöffner im Theater.

These 69
Intendantenvorspiele finden jetzt auf YouPorn statt.

These 70
Das Theater zerstört das lineare Fernsehen und startet im Netz eine neue Ära.

These 71
Instagram-Filter sind für Bühnenscheinwerfer nicht geeignet.

These 72
Die Zuschauer werden gebeten, ihren AdBlocker vor der Vorstellung auszuschalten. 

These 73
AdBlogger sitzen im Theater auf den besten Plätzen.

These 74
Theater targeten ihre Zielgruppe auf Facebook, wissen aber nicht welche.

These 75
Mit der Augmented-Reality-App können Sie erleben, wie Theater früher war.

These 76
Bewerbungen als Social-Media-Manager im Theater können nur postalisch bearbeitet werden. 

These 77
Blogger gestalten zusammen mit der Dramaturgie das Programmheft als Online-Magazin.

These 78
Theater entdecken das Netz als Bühne.

These 79
Avatare der Schauspieler stehen zum kostenlosen Download zur Verfügung.

These 80
Theater bringen die Filterblase zum Platzen und setzen nur heiße Luft frei. 

These 81
Theater kommen übers Netz miteinander ins Gespräch.

These 82
Wer im Theater bei Swarm eincheckt, erhält 10% Rabatt auf die Eintrittskarte.

These 83
Theater hören vom Framing-Effekt und hängen gerahmte Schauspieler-Portraits ins Foyer.

These 84
Social-Media-Marketing wird Unterrichtsfach an Schauspielschulen.

These 85
Ein Böll-Bot sampelt Bölls Prosatexte und macht Böll zum bedeutendsten Dramatiker des 21. Jahrhunderts. 

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These 86
Das Theater entdeckt das Storytelling.

These 87
95% der Pokémons in Theaterräumen wurden nie gefangen.

These 88
Jedes Theater hat einen eigenen Geofilter für Snapchat.

These 89
Erstbesucher unter 20 können das retadierende Moment im vierten Akt überspringen.

These 90
Theaterstorys löschen sich nach 24 Stunden unwiederbringlich.

These 91
Zuschauer, die an der Garderobe ihre Daten abgeben, bekommen ein Glas Sekt aufs Haus.

These 92
Bei einer Blogparade ziehen die reichweitenstärksten Blogger auf einem roten Teppich ins Theater ein. 

These 93
Theaterproduktionen werden so inszeniert, dass sie auf Instagram gut aussehen.

These 94
Wissenschaftler untersuchen Auswirkungen der Digitalisierung auf die mentalen Realitäten der Theatermacher.

These 95
Das Theater überlässt das Netz nicht den Populisten, Trollen und Hatern.

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12 Antworten zu “95 Thesen zu #TheaterimNetz

  1. Hier spiele ich lieber mit, als an Eurer Flipchart-Wand:D und grüße Euch herzlich nach meinen letzten S-Bahn-Gesprächen mit meinen Antworten auf einige der Thesen:

    #18: Wahr. Leicht zu bewerkstelligen durch Auswertung der online-Kartenbuchungen.
    #21: Wahr. – Wenn das Produkt ein sehr guter Theatertext ist, der NICHT in Zusammenarbeit mit dem Theater erstellt wurde.
    #23: Wahr. Das Theater scheint als Psycho-Therapieersatz zu gelten, politische Ersatzaufregung via Stellvertreter tut einfach gut.
    #25: Wahr.
    #28: Halbwahr.
    #36: Falsch.
    #38: Demnächst wahr – Oberender goes China.
    #43: Wahr.
    #50: Wenn ich ein Theater hätte SOFORT wahr. Wer die Idee hatte sollte sich unbedingt damit bei einem Theater um einen Job in der Öffentlichkeitsarbeit bewerben! – Nachdem er die Idee sich hat patentieren lassen…
    #52: Wahr. Jede Dramtaurgie/Öffentlichkeitsarbeits-/Theaterpädagogiksitzung ist das.
    #60: Wahr. Zumindest sein Avatar…
    #69: Wahr. Aber man kann es nicht beweisen.
    #74: Wahr. vgl. #60.
    #77: wie #50, anderslautend nur: geht ohne Patent, sollte aber durch Projektvertrag abgesichert werden – sonst Hastalavistababy!
    #85: Wahr. Das Gute: Jeder würde es glauben, obwohl jeder weiß, dass es falsch ist, weil es keiner mühevoll überprüft und es nicht nur in der Religion bequemer ist zu glauben, dass die eigene alle selig machen muss-
    #86: Falsch. (siehe inzwischen eventuell schon langweilig gewordene Probenroutine bei z.B. Ostermeier, belegt durch Schauspieleraussagen und Film)
    #93: Wahr. Sie werden sogar so inszeniert, dass sie in Headers Buchstabensignale versenden, damit der Zuschauer sofort weiß, was abgebildet ist, ohne sich mehr als ein Standbild anschauen zu müssen. Spart unnötige Klicks und Wischis. (OPFER, REVISOR, WELT usw.)
    #95: Wahr – aber es weiß nicht jeder.

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  3. These 3. Natürlich ist der urbane Weltbürger verunsichert. Natürlich wünscht er sich einen greifbaren Ort ohne Lobbyismen und mit echten Menschen. Er vertraut auf Intelligenz und übergeordnete Strukturen. Er vertraut auf einen „Tempel“ der Erinnerung und der Erneuerung.

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