Die TAK: Eine Schauspielschule im sozialen Netz

Ein Beitrag zur Blogparade #theaterimnetz von Robert Christott //

Mein Name ist Robert Christott. Ich leite seit fünf Jahren die Schauspielschule Theaterakademie Köln (TAK). Im Rahmen der Blogparade der Kulturfritzen werde ich etwas über unsere Auseinandersetzung mit Social-Media in der Schauspielausbildung erzählen.

Zunächst möchte ich einen kompakten Überblick über die Bedingungen geben, die den Rahmen unseres Marketings stecken.

theaterakademie köln

Die TAK ist eine Privatschule, die 1997 vom Schauspieler und Regisseur Bernhard Bötel gegründet wurde. Sie ist als Ergänzungsschule staatlich anerkannt und unsere Schülerinnen und Schüler können somit ihre Ausbildung durch BAföG mitfinanzieren. Unser Schulkonzept definiert den Schauspieler-Begriff sehr weit und hat die Prämisse, dass Darstellerinnen und Darsteller heute nach der Ausbildung überwiegend freiberuflich tätig sein werden. Daher haben wir neben den klassischen Fächern wie Sprecherziehung, Szenenstudium oder Monologarbeit auch Stückentwicklung, Dramaturgie, Regie, BWL, Selbst- und Kulturmanagement etc. auf dem Lehrplan und leiten die Schüler beim Marketing ihrer Projekte z.B. mit Crowdfunding an. Ein Kanon, der auf einen sehr diversen Arbeitsalltag vorbereiten soll.

Wir stehen mit unserer Lehre permanent im Spannungsfeld zweier Pole: Zum einen werden wir als Institution nicht gefördert und finanzieren uns ausschließlich über die Unterrichtsgebühren der Schülerinnen und Schüler. Somit sind wir auf konstante Schülerzahlen angewiesen. Der andere Pol ist unser Konzept, dass auf Qualität und Auswahl setzt.

Wir schicken in der Regel 80% der Bewerberinnen und Bewerber, die sich zum Aufnahmeworkshop anmelden, ohne Ausbildungsvertrag nach Hause. Wenn wir nach einem oder zwei Tagen gemeinsamer Proben, Improvisation, Bewegung, Gesang, Sprecherziehung, Orientierungsgespräche und Kaffeetrinken nicht überzeugt sind, dass die Skills unseres Dozententeams ausreichen, um jemanden zum Diplom zu begleiten, sehen wir unsere Verantwortung in einer Absage mit ausführlichem Feedback.

Wir machen niemandem zum Schauspieler. Die TAK-Ausbildung fußt auf Augenhöhe und einem intensiven vierjährigen Austausch, der beide Seiten weiterbringen soll – und nicht zuletzt sind Spaß, Vertrauen und das Gefühl von Freiheit wichtige Erfolgsfaktoren. Wir nehmen niemanden auf, der nicht grundsätzlich zu uns passt. Dieser Luxus ist für alle ein Gewinn und unterscheidet unser Marketing fundamental von dem z.B. eines Theaters, das auch mit viel kurzfristigeren Kundenbeziehungen von etwa nur einem einzigen Abend gut arbeiten kann.

Der Nachteil liegt auf der Hand: Die Quote an Bewerbern, die wir tatsächlich aufnehmen, ist häufig zu niedrig –  zumal man nicht vergessen darf, dass es alleine in Köln vier staatlich anerkannte Schulen gibt. Nicht jeder Bewerber, den wir aufnehmen, fängt auch bei uns an!        

Unser Marketing zielt also auf zwei Schwerpunkte ab:

  • Möglichst viele Bewerberinnen und Bewerber zu erreichen, die unserem Profil entsprechen.
  • Diese Bewerberinnen und Bewerber online so weit vorzuinformieren und mit Infomaterial vorzuqualifizieren, dass sich zu den Vorsprechen möglichst nur diejenigen unter ihnen anmelden, die ziemlich genau wissen, was sie bei uns bekommen und wonach wir suchen.

Wie wir versuchen, diese Ziele durch Social Media zu erreichen, möchte ich anhand von vier Thesen der 95 Thesen zu #theaterimnetz beschreiben.

[These 25]

25

Die TAK arbeitet im Social-Media-Bereich vor allem mit Facebook und Instagram. Beide Plattformen bespielen wir seit rund fünf Jahren und mittlerweile kommen knapp 50% der Anfragen für Beratungsgespräche über diese Kanäle. Etwas jünger ist der Youtube-Channel. Lange Zeit haben wir auf diesen Plattformen vor allem über Termine informiert und Bilder von Veranstaltungen geteilt, um so Einblicke in das Schulleben zu gewähren. Diese Kommunikation unterschied sich nicht besonders von der anderer Mitbewerber. Der Erfolg war mittelmäßig.

Einen Dreh gab es dann im vergangenen Jahr. Auf dem Barcamp #bctheater16 auf Schloss Benrath in Düsseldorf kam es zu einem intensiven Austausch mit Marc Lippuner und Anke von Heyl (Kulturtussi & Herbergsmütter), die uns einen einfachen, aber phänomenal wirkungsvollen Tipp gaben: Lasst die Schülerinnen und Schüler erzählen.

Wie bei Rezensionen auf Amazon die Kunden (also die Schauspielschüler) selbst beschreiben zu lassen, wie das Produkt „Schauspielausbildung an der TAK“ riecht, schmeckt, klingt, war für uns ein wahrer Meilenstein in der Innen- und Außenkommunikation.

[These 27]

27

Die Organisationsstruktur der TAK ist sehr flach. Die Direktion besteht aus meiner Assistentin für Buchhaltung und Sekretariat (und Seele der Schule) und mir. Hier laufen alle Querschnittsaufgaben zusammen. Das Pensum übersteigt häufig das Maß des Machbaren. Wir leisten uns daher den Luxus einer festen Zusammenarbeit mit dem Designer Simon Howar und seinem Büro für Fotografie Neue Bilder, die seit vielen Jahren sehr zufriedenstellend unsere Schülerinnen und Schüler ablichten, Werbematerial erstellen und die Webseite pflegen. Dazu kam 2016 der freie Social-Media-Manager Johannes Brümmer, der unfassbarer Weise ehrenamtlich für uns tätig ist. Eine Vergütung seiner Arbeit als feste Stelle könnten wir aus eigenen Mitteln derzeit nicht schultern. Gemeinsam suchen wir entsprechend der Grundidee der Schülerinnen und Schüler als Markenbotschafter neue Formate. So haben wir im letzten Jahr eine Webserie entwickelt, die nach über einem Jahr bald endlich auf unserem Youtube-Kanal live geht. Wir haben eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern gebeten, sich einen Tag während der Abschlussprüfungen selbst zu filmen. Aus diesem Berg von Selfie-Videos haben wir rund zehnminütige Filme geschnitten, die eine Tag im Leben dieser Schauspielschülerinnen und -schüler zeigen.

[These 53]

53

Mit dem Format der „Rotation Curation“ übergeben wir regelmäßig einer Klasse, einem Projekt, einer Person aus dem Dozententeam oder einem Kooperationspartner unseren Instagram-Account für ein bis zwei Wochen. Außer ein paar definierten Hashtags lassen wir den Kuratoren freie Hand. Was dabei herauskommt, sind spannende Einblicke hinter die Kulissen der Schule und ihrer assoziierten Personenkreise.

Das Format ist vor allem intern sehr beliebt und viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer empfinden es als Privileg, den Account eine Zeit lang pflegen und ihre persönliche TAK-Geschichte erzählen zu dürfen.    

[These 84]

84

Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern bauen wir für die Diplominszenierungen Social-Media-Kampagnen auf, beraten sie in Strategien und regen sie an, viele verschiedene Plattformen auszuprobieren. Heraus kommen Facebook-Seiten, Youtube-Filme und Instagram-Stories, die sehr persönliche Handschriften tragen und oft nach dem Ende der Ausbildung weiter betreut werden.

Die intensive Auseinandersetzung mit den sozialen Medien im Schauspielbereich hat zum Ziel, den zukünftigen Absolventinnen und Absolventen best-practice-Beispiele zu zeigen und mit ihnen zu gestalten, die die Bedeutung einer durchdachten Vermarktungsstrategie aufzeigen. Das ist nicht frei von Konflikten, wie man sie zwischen Künstlern und Kulturmanagern kennt: Wenn Kunst gut ist, setzt sie sich ohnehin durch – Marketing bedeutet Kommerzialisierung. So gab es intern einen regelrechten Aufschrei, als wir 2016 die Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Mediakraft bekannt gaben. Auch wir im Team haben durch solche Konflikte gelernt, dass Schauspielschulen oftmals anderen Dynamiken unterworfen sind, als andere vergleichbare Institutionen. Denn Künstler und Produkt sind in diesem Falle ein und dasselbe.

Ausblick
Für das kommende Jahr stehen viele spannende Projekte auf dem Zettel: Livestream von Inszenierungen, Instagram-Walks durch die Schule und ihre Spielstätten, und die Einführung eines Chatbots als Beratungs-Tool für Bewerberinnen und Bewerber.

Danke für die Einladung zur Blogparade und dass ich unsere Arbeit vorstellen durfte! Wir freuen uns immer über Anregungen und Kritik.

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Robert Christott, Theaterakademie KölnÜber den Autor:
Robert Christott (*1978) ist Schauspieler und Kulturmanager. Er hat die Schauspielausbildung an der Theaterakademie Köln absolviert und parallel zur Arbeit als Schauspieler und Sprecher an der HfMT Hamburg Kulturmanagement studiert. Neben der Leitung der TAK ist er Vorsitzender des Orangerie Theaters im Volksgarten in Köln. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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Beitragsfoto und Portrait Robert Christott: © Simon Howar

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Eine Antwort zu “Die TAK: Eine Schauspielschule im sozialen Netz

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