„Es bleibt immer auch Theater“

von Anne Aschenbrenner //

Ich habe das fr!nge ensemble rund um meine Workshop-Tätigkeiten für die Pausanio-Akademie kennengelernt. Ein innovatives Ensemble aus Bonn, das digitale Technologien und Räume nicht erst seit der Pandemie einbezieht. Und ich habe mich gefragt: Warum habe ich von dem inspirierenden Team rund um Frank Heuel eigentlich noch nie etwas gehört? Anlässlich der aktuellen Inszenierung MAP TO UTOPIA, die hybrid und als rein digitales Format funktioniert, habe ich Frank um ein Interview gebeten.

Das fr!nge ensemble ist bekannt für Innovation und digitales Weiterdenken, die Pandemie hat euch Aufwind gegeben und euer digitales „Standbein“ verstärkt. Kannst du mehr über fr!nge, Theater & Netz erzählen?

Das fr!nge ensemble hat in seinen Arbeiten immer Multiperspektivität als einen zentralen formgebenden Aspekt in den Fokus genommen. Das betrifft unterschiedliche Erzählperspektiven, das Verhältnis Schauspieler_in/Rolle, die Vermischung von Dokumentarischem mit Fiktivem u.ä..
Der verstärkte Einsatz digitaler Techniken (digitale Videotechnik, Entwicklung von Apps, AR) in den letzten Jahren, hybride interaktive Theaterformen und seit Corona Livestream-Performances hat das fr!nge ensemble zur Weiterentwicklung seiner Sprache genutzt. Ob analog im Theater vor Publikum, ob hybrid oder ausschließlich digital im Netz, ob interaktiv, ob draußen im öffentlichen Raum – es bleibt immer auch noch Theater, bei dem es um den Live-Austausch zwischen dem Werk und einem Publikum geht.

Screenshot MAP TO UTOPIA

Eine eurer aktuellen Produktionen ist MAP TO UTOPIA. Damit seid ihr sogar zu den Europäischen Kulturtagen Karlsruhe und zum figuren.theater.festival Erlangen eingeladen. Worum gehts da?

MAP TO UTOPIA ist eine interaktive digitale Performance, in welcher wir Menschen unterschiedlicher Herkunft und Wohnort in einen Austausch bringen, um gemeinsam geführt von Schauspieler_innen und einer dafür entwickelten App über die Zukunft urbanen Lebens nachzudenken. Anhand von vier Stadtteilen, entwickelt an der kosmopolitischen Megacity Istanbul, übernehmen die Zuschauer_innen die Biographien von Neighbours und City-Developers und kommen miteinander in Austausch.

Georg Lennarz als Moderator in MAP TO UTOPIA (Screenshot)

Wie funktioniert das genau?

Die Besucher_innen interagieren miteinander von ihrem jeweiligen Aufenthaltsort und benötigen dazu eine Internetverbindung, einen Computer und ein Smartphone. So bringen wir Menschen miteinander in Kontakt, die sich nicht kennen, mit unterschiedlichsten biographischen und kulturellen Hintergründen. Sie werden zu einer temporären Nachbarschaft, die sich untereinander und mit anderen Nachbarschaften über Fragen, wie sie in Zukunft zusammenleben wollen, auseinandersetzen.

In diesen Tagen hoffen wir alle, zurück ins analoge Theater zu kommen. Wie plant ihr denn die nähere Zukunft?

Wir denken auf jeden Fall auch hybrid: also hybride Formate, zu Livestreams aus dem Theater. Aber auch an Parallel-Veranstaltungen an unterschiedlichen Orten, die wir miteinander verzahnen möchten… Es lohnt sich hier weiterzuforschen und wir hoffen natürlich, dass „Fr!nge und Freunde“, wie wir unser Publikum nennen, da auch weiter dabei ist.

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MAP TO UTOPIA, Termine von 4. bis 16. Mai, Tickets gibt es hier.

Frank Heuel © Thomas Morsch

Frank Heuel
ist frei arbeitender Regisseur und künstlerischer Leiter des fringe ensemble und des Theater im Ballsaal in Bonn. Er leitete Theaterfestivals wie „Theaterzwang“ (2002) und „friends“ (2004), inszenierte am Theater Bonn (2008-10) und gehörte zur künstlerischen Leitung der Schaubühne Lindenfels in Leipzig (2012-14). Für seine Produktionen wurde er mehrfach ausgezeichnet und zu Festivals eingeladen, u.a. mit der Uraufführung von „Zwei Welten“ zum NRW Theatertreffen 2010. Seit vielen Jahren arbeitet Frank Heuel mit dem fringe ensemble im internationalen Kontext: Zuletzt – als Artist in Residence gefördert von der Kunststiftung NRW – inszenierte er in Istanbul und Bonn Produktionen mit türkischen Theaters aus Istanbul (2016-2020). In Afrika führte er 2015/16 Regie in einer Koproduktion mit der Universität von Cape Coast, Ghana, 2017 am Espace Culturel Gambidi, Ouagadougou, in Burkina Faso, 2018/19 entstand ebenfalls mit dem Partner in Burkina Faso und dem Theater Bonn das mehrteilige Projekt „Gold“, gefördert im Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes.

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