Was übrig blieb vom kalten Krieg

Das Deutsche Historische Museum (DHM) lud am Eröffnungsabend der Ausstellung RELIKTE DES KALTEN KRIEGES zu einer Blogger_innen-Führung. Durch die Räume im Untergeschoss des Pei-Baus führte der Fotograf Martin Roemers//

Sobald man die Ausstellung betritt, ist man schon mittendrin. Ein dunkler, schwarz ausgemalter Raum, schwach beleuchtet mit schmalen Neonröhren und Baulampen, in dem kontrastreich fotografierte Tunnel unweigerlich eine Sogwirkung entfalten, der man sich nicht entziehen kann.

Sieht man von kyrillischen Buchstaben ab, die auf einigen der abgebildeten Wände und Türen zu sehen sind, weiß man nicht, ob diese Tunnel in ehemaligen Bruder- oder Feindesländern zu finden sind, eines ist jedoch allen gemein: Sie sind architektonische Überreste des kalten Krieges, jener Zeit, in der die Karten im Geografieunterricht nur rote und blaue Länder kannten. Futuristisch muten sie an, diese unterirdischen Gänge, deren Bestimmung längst der Vergangenheit angehört, einer Vergangenheit, die sich im James-Bond-Charme wiederfindet, den die Kommandozentralen und Besprechungszimmer der Atombunker aufweisen, einerlei, ob sie in Litauen oder Belgien stehen.

So prachtvoll erhalten die unterirdischen Anlagen in Szene gesetzt worden sind, so vergänglich scheinen die Spuren des kalten Krieges über der Erde zu sein. Rostige Panzerreste im brandenburgischen Tageslicht, ein eingefallener Hangar in Großbritannien, eine schwimmende Bunkerruine in der lettischen Ostsee, Wandbilder, deren sozialistische Vorwärtsgewandtheit von den Wänden blättert.

Die architektonischen und militärischen Hinterlassenschaften, die auf dem überwiegenden Teil der 73 großformatigen Farbfotografien abgebildet sind, werden im hinteren Teil der Ausstellung von einer Handvoll Motiven abgelöst, die auf dem sowjetischen Militärfriedhof in Potsdam zu finden sind: Das obligatorische Standbild eines Sowjetsoldaten, verblassende Portraits auf schiefen Grabsteinen, die einem – nach der Betrachtung all der ästhetischen Vergänglichkeit toten Materials – schlagartig wieder deutlich machen, dass es in einem Krieg, auch in einem kalten, immer und zuallererst um Menschen geht.

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Ein herzlicher Dank an Martin Roemers, der geduldig durch die Ausstellung führte, was sicher nicht ganz einfach war, weil wir alle doch sehr damit beschäftigt waren, unsere Assoziationen zu den Bildern sowie die Informationen, die wir bekamen, auf maximal 140 Zeichen herunter zu brechen. Darüber hinaus darf die exklusive Erlaubnis, uneingeschränkt fotografieren zu dürfen, nicht hoch genug geschätzt werden – wir haben während des Tweetups nahezu alle Fotos, die in der Ausstellung hängen, in die sozialen Netzwerke geblasen. Diese Fotos können jedoch nicht annähernd die Wirkung wiedergeben, die die im Mittelformat zwischen 1998 und 2009 analog aufgenommenen Fotos in Originalgröße haben.

Danke auch an Andrea Fußstätter und Boris Nitzsche vom DHM für die Einladung und Organisation. Das Storify zum #relikteDHM-Tweetup wird zur Nachlese unbedingt empfohlen.

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IMG_7057Die Ausstellung RELIKTE DES KALTEN KRIEGS mit Fotografien von Martin Roemers ist noch bis 14. August 2016 im Untergeschoß des Pei-Baus im Deutschen Historischen Museum zu sehen.

Adresse, Öffnungszeiten, Eintrittspreise und weitere Informationen sind hier zu finden.

Der Katalog erschien 2010 bei Hatje Cantz, ist dort aber vergriffen. Restexemplare sind zum Preis von 55 EUR im Museum erhältlich.

// (ml)

Zur Information:
Sämtliche Fotos dieses Blogposts sind von Marc Lippuner am 4. März 2016 aufgenommen worden. Mit einem Klick auf die Fotos bekommt man eine vergrößerte Ansicht. Das könnte u.U. ganz hilfreich sein.
Es wäre schön, wenn die Fotos nicht ungefragt weiterverwendet werden.

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Eine Antwort zu “Was übrig blieb vom kalten Krieg

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